Warum G. E. Lessing?

Werteerziehung im Geist der Aufklärung

Kaum eine Persönlichkeit des deutschen Geisteslebens spiegelt in Werk und Philosophie pädagogisches Ideal und den Anspruch der Werteerziehung an dieser Schule so treffend wider wie der Dichter, Dramatiker, Kritiker und Philosoph Gotthold Ephraim Lessing (1729 – 1781). Als einer der wichtigsten deutschen Vertreter der Aufklärung leiht er unserer Realschule und unserem Gymnasium seinen Namen. Seine Philosophie der Nächstenliebe, Toleranz und Vernunft findet ihren stärksten Ausdruck in der berühmten Ringparabel aus dem Ideendrama „Nathan der Weise“. Zur Erinnerung: Auf die Frage von Sultan Saladin nach der einzig wahren der drei monotheistischen Weltreligionen erzählt Nathan von einem Vater, der seine drei Söhne gleichermaßen liebt und daher allen Dreien den wertvollen Ring mit der wundersamen Gabe, vor Gott und den Menschen angenehm zu machen, hinterlassen will. Er lässt nach dem Muster des Ringes zwei weitere anfertigen, sie sind nicht zu unterscheiden. Welcher ist der echte? Er ging vermutlich verloren, denn die Söhne streiten vor dem Richter und keiner ist vor Gott und den Menschen angenehm. Was lehrt die Ringparabel? Sie fordert das ideale Bild einer versöhnten Menschengemeinschaft ein, das harmonische Miteinander verschiedener Kulturen und Religionen, wie es in diesem Schulhaus täglich praktiziert und sichtbar wird.

Unserer Realschule und unserem Gymnasium den Namen Lessing zu verleihen, entspricht einer stets aktuellen Aufgabe und Notwendigkeit: Schülern eine Sinn- und Werteorientierung zu geben. Für ihre eigene Lebensgestaltung und für ihre Rolle in der Gesellschaft. Als mündige und aktive Bürger in einer Demokratie. Das ist Hauptziel und pädagogisches Credo. Denn die Maximen in Lessings Werk sind als universelle Prinzipien für die Entwicklung Heranwachsender zu autonomen Menschen in dieser Schule bereits verankert und bestimmen den Schulalltag. Darüber hinaus wird ein Konzept für Werteerziehung entwickelt: Durch noch mehr Miteinander, angeleitet durch ein schulartenübergreifendes Werte- und Sozialcurriculum, das richtungsweisend für die Zukunft ist.

Lessing zeichnet das Bild eines autonomen Wesens und fordert vom Individuum eigenständiges Denken und Befreiung von Bevormundung. Auf dem individuellen Weg zur selbstständigen Entwicklung des Geistes fordert er von Menschen ein hohes Maß an Bildung. Dieses Ziel war bereits bei der Schulgründung maßgeblich. Es wird verstärkt verfolgt durch die Förderung der interkulturellen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler und durch jahrgangs- und fächerübergreifende Projektarbeit.

Lessing postuliert Humanität als höchstes Ziel menschlichen Verhaltens. Dieser Kerngedanke des sozialen Für- und Miteinanders stärkt eine von Vielfalt geprägte Schulgemeinschaft. Er ist bereits verwirklicht in dem Projekt der Schülermentoren. Für ein soziales Klima der gegenseitigen Wertschätzung und Unterstützung. Schüler unterstützen Mitschüler im Schulalltag, bei der Motivation für Lernen und Leistung, bei der Planung und Verwirklichung von Veranstaltungen außerhalb der Schulzeit wie der Lesenacht, den Abenteuertagen oder den Treffen am Wochenende und in den Ferien zum gemeinsamen Lernen. Die Schülermentoren übernehmen Verantwortung und treffen sich regelmäßig.

Der Kerngedanke verlangt von Schülerinnen und Schülern auch, sich für den Frieden in der Welt einzusetzen. Das drückt sich im Selbstverständnis einer „Schule mit Courage“ und „Schule gegen Rassismus“ aus. In den nächsten Jahren strebt die Schule Zertifizierungen wie zum Beispiel die einer Friedensschule an.

Lessing sieht im Menschen das Vernunftwesen. Als Aufklärer fordert er die vernunftmäßige Sicht auf die Welt und bei den Heranwachsenden die Förderung des naturwissenschaftlichen Denkens. Die Schule entspricht dem mit einem naturwissenschaftlichen Profil und dem Anspruch, das Siegel einer MINT-freundlichen Schule mit den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik mit Selbstbewusstsein zu führen.

Als Autor und Philosoph ist Lessing einer der größten Didaktiker der Kulturgeschichte: Unermüdlich fordert er seine Leser und die Zuschauer seiner Theaterstücke zum Denken und Nachdenken auf. Somit ist er auch jedem guten Pädagogen ein exemplarisches Vorbild – und daher umso mehr ein Argument, ihn zum Namenspatron zu wählen.